Braucht Landwirtschaft Tierhaltung?

In der Welt der ökologischen Landwirtschaft gibt es immer wieder neue Entwicklungen und Diskussionen. Eine dieser Debatten wurde nun vom Demeter-Gärtner Jakob Mannherz angestoßen. Er setzt sich für die Integration des biozyklisch-veganen Anbaus in die Demeter-Richtlinien ein. Demeter ist ein Bio-Anbauverband, der die biologisch-dynamische Landwirtschaft fördert, eine Methode, die auf den Ideen von Rudolf gründet. Der Verband legt besonderen Wert auf einen geschlossenen Hofkreislauf und den Einsatz sogenannter biodynamischer Präparate. In einem offenen Brief an den Demeter-Vorstand fordert Mannherz eine Öffnung des Verbandes für diese nachhaltige und tierfreie Anbaumethode. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Hintergründe und Argumente.

Ein offener Brief und seine Botschaft

Jakob Mannherz, Geschäftsführer der Gärtnerei Moosfeld in Singen am Hohentwiel, hat sich zusätzlich zu den Demeter-Richtlinien, nach denen der Betrieb schon seit 1988 arbeitet, im Oktober 2023 auch nach den Richtlinien des biozyklisch-veganen Anbaus zertifizieren lassen. Daraufhin wurde ihm die Unvereinbarkeit der beiden Richtlinien mitgeteilt sowie indirekt die Kündigung beim Demeter‐Verband nahegelegt. Die Richtlinien des biozyklisch-veganen Anbaus, inspiriert von Bio-Pionier Adolf Hoops, verbieten tierische Betriebsmittel sowie die Nutzung und Haltung von Tieren; stattdessen setzen sie auf rein pflanzliche Dünger wie Kompost. Diese Anbaumethode wurde 2017 von der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen offiziell anerkannt.

In seinem offenen Brief an den Demeter-Vorstand äußert er seine Enttäuschung über die Ablehnung der Integration des biozyklisch-veganen Siegels in die Demeter-Richtlinien und legt seine Argumente dar. Er meint: „Auch aus ethischen Gründen möchte ich auf den Einsatz von allen tierischen Betriebsmitteln in meinem Betrieb verzichten. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass diese Strömung innerhalb des Demeter‐Verbands ihre Daseinsberechtigung hat und auch vertreten werden darf.“

Die Vorteile des biozyklisch-veganen Anbaus

Ein zentraler Punkt des biozyklisch-veganen Anbaus ist der Verzicht auf tierische Düngemittel. Viele Biolandwirte nutzen Schlachtabfälle, die Antibiotika, resistente Keime oder Schwermetalle enthalten können. Der biozyklisch-vegane Anbau lehnt diese Praktiken ab und sieht darin eine Gefahr für die Böden. Mannherz kritisiert die gängige Praxis der Stickstoffdüngung mit Tierreststoffen als wenig nachhaltig. Zum Thema Hornspäne – die aus zerkleinerten Hörnern und Hufen von Schlachttieren bestehen – erläutert er: „Eine gängige Düngemenge für den Anbau von Kohlarten ist eine Gabe von etwa 140kg N/ha. Dafür sind 1000kg Hornspäne bzw. Hornpellets notwendig, bei angenommenen 4kg Horn pro Tier sind also 250 Tiere dafür nötig.“ Horndünger müsse dabei oft aus dem außereuropäischen Ausland importiert werden.

Der biozyklisch-vegane Anbau verzichtet vollständig auf tierische Betriebsmittel und setzt stattdessen auf pflanzlichen Kompost. „Als Gärtnerei waren wir seit jeher ohne eigene Tierhaltung auf die Einfuhr von tierischen Betriebsmitteln angewiesen und daher im Sinne des Hoforganismus aus unserer Sicht weit entfernt von einem geschlossenen Hofkreislauf gewesen“, erklärt Mannherz. Erst die Methoden des biozyklisch‐veganen Anbaus hätten ihm einen Weg aufgezeigt, um diesem Ziel mit seiner Betriebsstruktur näher zu kommen.

Plädoyer für Offenheit

In seinem Brief betont Mannherz die Notwendigkeit von Offenheit und warnt: „Ich sehe hier ohne wirkliche Not die Gefahr einer Zersplitterung innerhalb der ökologischen Landbaubewegung, die wir uns angesichts der herausfordernden Lage in der Biobranche nicht leisten können. Es sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um in einen fruchtbaren Austausch zu kommen. Dies gelingt nach meiner Auffassung nicht mit Polarisierung und Konkurrenzdenken, sondern nur mit kreativer Offenheit.“

Er hofft, dass sein Einsatz und seine Argumente Gehör finden und letztlich zu einer Integration des biozyklisch-veganen Anbaus in die Demeter-Richtlinien führen. „Auch ohne Nutztiere sind in unserer Gärtnerei viele natürliche tierische Elemente und Impulse vorhanden,“ betont er. „Neben der Tierhaltung könnte auch eine intensive Kompostwirtschaft der Demeter-Zertifizierung zu Grunde liegen.“

Bio-vegan als neue Königsdisziplin

Jakob Mannherz’ Vision einer nachhaltigen und tierfreien Landwirtschaft könnte nicht nur die Bio-Branche revolutionieren, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Demeter und andere Bio-Verbände wie Naturland halten die Tierhaltung im Gesamtsystem Ökolandbau bislang allerdings für unverzichtbar. Es bleibt zu hoffen, dass der Appell von Mannherz an den Demeter-Vorstand Gehör findet und zu einem konstruktiven Dialog führt. Mannherz schlägt ein Forschungsprojekt zu vegetabilen Präparaten vor, um eine rein pflanzliche Wirtschaftsweise innerhalb des Verbands zu ermöglichen. Dies sei Angesichts der sozio-ökologischen Transformation der Gesellschaft dringend notwendig.

Ein Kommentar im Bio-Fachmagazin Bio-Handel begrüßt die Initiative, die Mannherz ergreift. Dort heißt es, die Bio-Branche habe den Vegan-Trend verpasst und das Geschäft dem Lebensmitteleinzelhandel überlassen. Mit der biozyklisch-veganen Produktionsweise könnte die Branche die Zielgruppe der Veganer besser ansprechen – diese „werden erfreut sein, wenn sie hören, dass der gesamte Produktionsprozess ohne Leid der Mitgeschöpfe auskommt“. „Bio-Vegan-Plus“ sei in Zeiten des Klimawandels „die neue Königsdisziplin“.